Was spricht eigentlich dagegen, den Saisonbeginn in den Jänner vorzuverlegen? Und warum in die Ferne schweifen, wenn das Friaul vor der Haustüre liegt? Der Anfahrtsweg ist kurz, das Friaul geizt nicht mit grandiosen Landschaftserlebnissen, es ist wetterbegünstigt und wenn, wie in diesem Winter, der ganze Schnee an der Alpennordseite hängen geblieben ist, ist der Jänner ja nicht allein zum Schifahren da… Dennoch sollte man einen nicht unbedeutenden Punkt beachten: die Temperatur. Richtig warm war mir auf dieser am Dreikönigstag eingefahrenen Runde nämlich nicht. Dafür wird meine Härte, denn unter keiner anderen Überschrift sollte diese Heldentat firmieren (!), mit glasklarer Fernsicht über die Julischen Voralpen, die Colli Orientali und die friulanische Tiefebene belohnt.
Ausgangspunkt ist die kleine Stadt Tarcento, die ob ihres Villenreichtums früher die Perle des Friaul genannt wurde. Da Tarcento unmittelbar am Fuß der Julischen Voralpen liegt, geht es auch gleich nach dem Start mit dem ersten und gleichzeitig schwierigsten Anstieg des Tages los. Vor dem kleinen Ort Sedilis wartet eine giftige 18 Prozent-Rampe, danach folgt allerdings eine Panoramastraße der Extraklasse. Bei moderater Steigung eröffnet sich ein wunderbarer Blick nach dem anderen. Man kann von hier heroben einen Großteil des Friaul überblicken, sogar die Adria bei Grado glänzt als Silberstreif am Horizont. Nach etwa neun Kilometern und 600 Höhenmetern ist der höchste Punkt des Anstiegs bei der Festung am Monte Lonza erreicht. Diese mächtige Festung in phänomenaler Panoramalage wurde kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges errichtet, war allerdings nie in Kampfhandlungen, auch nicht in die der nahen und verheerenden Isonzoschlachten, involviert.
Es folgt eine kurze Abfahrt nach Villanova delle Grotte, wo es eine große, öffentlich zugängliche Höhle gibt, und weiter geht es auf wunderbaren kleinen Straßen an den Abhängen des Monte Briniza in das Bergdorf Monteaperta. Nach einer kurzen aber umso erfrischenderen Abfahrt hinunter nach Debèllis folgt zum Glück schon der nächste Anstieg. Wegen der Minusgrade sind heute die sonnigen Anstiege deutlich angenehmer als die Abfahrten.
Zunächst durch ein enges Tal, mit interessanten Bewässerungskanälen auf der gegenüberliegenden Bachseite, dann in zunehmend freierem Gelände geht es bergauf nach Taipana und weiter nach Montemaggiore. Schöne Blicke zurück auf Monteaperta und die umgebende Bergwelt begleiten einen. Kurz vor Montemaggiore ist der höchste Punkt dieses Anstieges erreicht, es geht hinunter zur Hochebene Campo di Bonis und nach kurzem Gegenanstieg weiter hinunter zur slowenischen Grenze, die nur durch eine kleine Brücke über den Natisone von uns getrennt ist.
Die Runde verläuft aber auf der italienischen Seite weiter und führt hinauf auf den letzten Anstieg des Tages. Er ist zwar nie besonders steil, zieht sich aber etwas mit seinen gut zehn Kilometern. Die völlig einsame Gegend im italienisch-slowenischen Niemandsland wird verlassen und nach und nach rückt die Zivilisation wieder heran. Eine kurvenreiche Traumabfahrt bringt uns schließlich hinunter nach Attimis, wo nur mehr zwei kurze Rampen zwischen uns und dem Ausgangspunkt stehen.
Tarcento, Ortsteil Molinis, gleich zu Beginn der Via G. Ellero bei der Brücke über den Torre
Tarcento - Sedilis - Monte Lonza - Villanova delle Grotte - Monteaperta - Taipana - Montemaggiore - Platischis - Prossenico - Attimis - Nimis - Tarcento