Da überwindet man seinen inneren Schweinehund und beschließt, trotz der wolkenverhangenen Berge und der prognostizierten 60-prozentigen Regenwahrscheinlichkeit, die geplante Runde ins bergige Hinterland von Aviano und Maniago in Angriff zu nehmen, und dann muss man die Runde erst recht abbrechen. Und das noch dazu bei Sonnenschein, noch bevor man einen einzigen Tropfen gespürt hat. Schuld daran sind wieder einmal unsere vier-rädrigen Straßenmitbenutzer. Aber woher soll man auch wissen, dass ausgerechnet an diesem Wochenende und ausgerechnet auf der von mir in Angriff genommenen kurvigen Bergstraße zwischen Meduno und der Forcella di Palla Barzana eine Sonderprüfung einer lokalen Rallye, bezeichnenderweise Knife Racing Maniago genannt, stattfindet. Und so lustig ist das wirklich nicht, wenn im Minutentakt hoffnungslos übermotorisierte Kleinwagen in halsbrecherischem Tempo an einem vorbeidonnern. Und so ist aus der geplanten heroischen Bergetappe eben eine gemütliche, dafür aber ebenfalls schöne Flachetappe durch die einzigartigen ausgetrockneten Flussbette der Meduna und der Cellina geworden.
Start ist in Aviano, das man in erster Linie aufgrund der Air-base kennt, einem großen Stützpunkt der US-Luftwaffe. Parkmöglichkeiten gibt es im Ort genug, günstig gelegen ist zum Beispiel ein Parkplatz in der Via de Zan links hinter dem Conan Supermarkt.
Auf den ersten gut zehn Kilometern kann man die auch nicht übermäßig dicht befahrene SP29, die die Dörfer am Fuß der Berge miteinander verbindet, nehmen oder, so wie ich, den kleinen verwinkelten Radweg FVG-3. Aufgrund seiner häufigen Richtungswechsel und des zwar durchgehend asphaltierten aber teilweise doch recht zweifelhaften Zustandes, kommt ein richtiges Rennradgefühl allerdings nicht wirklich auf. Nett ist er aber allemal.
Kurz vor Montereale Valcellina kommen wir dann auf größere Straßen, und sehr schön führt die Strecke über die hier noch Wasser führende Cellina nach Maniago und auf kleinen Straßen weiter nach Meduno. Meduno liegt noch in der Ebene, ist aber ein toller Ausgangspunkt für Fahrten in die einsamen Berge. Einerseits geht es von hier auf den großartigen Passo Rest, dessen Nord-Auffahrt in der wunderschönen Runde Dolomiti friulani - Passo Rest beschrieben ist, und andererseits führt von hier eine schöne Straße über die Forcella di Palla Barzana nach Andreis und Barcis. Zweitere wollte ich eigentlich fahren, nachdem ich aufgrund der Rallye aber zum Umdrehen gezwungen wurde, lande ich schlussendlich wieder in Meduno.
Allzu lange muss ich nicht überlegen, wie es weiter geht. Ich halte mich zunächst südlich und fahre über Toppo und Solimbergo nach Sequals, wo ich mich rechts Richtung Maniago halte.
Und dann geht es hinein in den namensgebenden Teil dieser Runde, die Magredi del Cellina-Meduna, einen etwa 400 Quadratkilometer großen Naturpark, den man aufgrund seiner charakteristischen V-Form auf jedem Satellitenbild schon von weitem erkennt. Es ist schon faszinierend wie das Wasser der beiden Flüsse Cellina und Meduna in diesem riesigen Schwemmkegel einfach versickert, zwei fast das ganze Jahr über völlig trockene Flussbette und dazwischen eine einzigartige Trockensteppenlandschaft zurücklässt, nur um dann einige Kilometer weiter südlich bei Pordenone wieder an die Oberfläche zu treten, und munter Richtung Adria weiter zu fließen. Und tatsächlich hat die Magredi nicht nur für Natur-, insbesondere Blumen- und Vogelliebhaber einiges zu bieten sondern auch für uns Rennradfahrer. Und so gehts auf kaum befahrenen, flachen Straßen über Arba nach Vivaro, das im Herz der Magredi liegt, und von hier schnurgerade durch das breite ausgetrocknete Bett der Cellina über San Foca und Sedrano zurück nach Aviano.
Aviano, Parkplatz in der Via de Zan, links hinter dem Conan-Supermarkt
Aviano - Montereale Valcellina - Maniago - Meduno - Sequals - Arba - Vivaro - San Foca - Aviano