Manchmal geht es nicht anders, alles hat seinen Preis. In diesem Fall “erkauft” man sich mit einem verkehrsreichen Stück Bundesstraße einen der großartigsten Rennradabschnitte, den dieses an Highlights nicht gerade arme Portal zu bieten hat: Die Hirschbichlstraße, die in atemberaubender Schönheit und atemberaubender Steilheit vom Bayerischen Hintersee ins Salzburgische Weißbach bei Lofer verläuft.
Ein ernstgemeinter Rennrad-Tourenvorschlag wird wohl kaum die stark befahrene Bundesstraße zwischen Lofer und Bad Reichenhall beinhalten. Wir machen eine Ausnahme. Nicht etwa weil wir diesen Abschnitt so übermäßig reizvoll finden, sondern weil es schlicht keine sinnvolle Alternative dazu gibt. Und auf die oben erwähnte Hirschbichlstraße zu verzichten, steht nun wirklich nicht zur Debatte.
Dank des Ausbaus der B178 sind zumindest die Ortsdurchfahrt Unken und der folgende, kurze Anstieg auf den Steinpass angenehm ruhig. Auf einigen Abschnitten gibt es auch einen asphaltierten Radweg, den Großteil dieser ersten 15 Kilometer muss man sich allerdings dem Transitverkehr aussetzen. Da hilft nur eines: große Scheibe, kleines Ritzel, Kopf zwischen die Schultern und drücken.
Nach Überquerung der Saalach bei Unterjettenberg ist es dann aber geschafft. Den Verkehr lassen wir weiter Richtung Bad Reichenhall und Salzburg ziehen und nehmen die 400 Höhenmeter hinauf auf den Schwarzbachwachtsattel, das Wachterl, in Angriff. Daß das Wachterl nicht ganz leicht ist, weiß schon der Reichenhaller Liedermacher Hans Söllner, dem es aber vermutlich egal ist, wenn er “mitn radl übers wachterl fahrt” und dabei “jeden dog a bissl länger braucht”.
Vom Wachterl geht es auf wunderschönen Straßen zum Hintersee und dann inmitten des Nationalparks Berchtesgaden zwischen den Abbrüchen des Hochkalter-Massivs zur einen und den Reiter Steinbergen zur anderen Seite in das zunehmend enger werdende Klausbachtal.
Anfangs weitgehend flach, dann steiler und gegen Ende über zwei fast unbezwingbare Steilstufen geht es hinauf auf den Hirschbichl. Und so viel sei noch verraten: vor allem die erste Steilstufe hat es in sich. Die Hoffnung, dass sich die Straße nach der bald erreichten Linkskurve zurücklegt, wird nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil, sie zieht noch ein ganzes Stück mit weit über 20%-Steigung nach oben. Die nach einem kurzen Flachstück folgende zweite Steilstufe mutet dagegen fast schon leicht an, wenngleich auch diese 20% erreicht.
Oben am Hirschbichl angekommen, erreicht man wieder österreichischen Boden. Viel Zeit zur Erholung bleibt allerdings nicht, denn die ebenso steile und enge Abfahrt auf Pinzgauer Seite erfordert zwar keine Beinkraft mehr, dafür aber umso mehr Fingerkraft und Konzentration.
Hoffentlich gut unten angekommen, liegt das Highlight der Runde hinter uns, und die bis Lofer noch fehlenden zehn Kilometer auf dem netten Radweg entlang der Bundesstraße dienen nur mehr dazu, sich das Laktat aus den Beinen zu strampeln.
Lofer, öffentlicher Parkplatz beim Tourismusverband
Lofer - Unken - Steinpaß - Schneizlreuth - Schwarzbachwachtsattel (Wachterl) - Hintersee - Hirschbichl - Weißbach bei Lofer - Lofer