Bekanntlich trifft man sich im Leben immer zweimal. So ist eines Tages völlig unerwartet mein alter Kumpel “Al” aus den Tiefen der Facebook-Virtuality aufgetaucht. Ebenfalls völlig unerwartet tut es mir dieser ehemaliger Festival-Mitstreiter gleich und hat den hirnrissigen Plan entwickelt, beim 24-Stunden-Ultracycling-Race in Kaindorf bei Hartberg als Solist an den Start zu gehen. Grund genug, sich für eine gemeinsame “Vorbereitungsausfahrt” zu verabreden. Denn schließlich werden im Gegensatz zu früher heute die Straßen gerockt und am nächsten Tag gibt´s maximal Muskelkater. Schön so, gut so, vernünftig so. Wie wir halt sind, mittlerweile, meistens …
Nun gut. Die anstehende 130-Kilometer-Runde starten wir in Graz beim Sankt-Peter-Friedhof. Parkplätze sind ausreichend vorhanden und der Startpunkt ist gut erreichbar, der Verkehr dahin überschaubar. Über die Petersbergenstraße fahren wir stadtauswärts und lassen die befahrenen Straßen sofort hinter uns. Der wunderbare Abschnitt über Hohenrein nach Laßnitzhöhe eignet sich hervorragend zum Aufwärmen. Mit 565 Meter Höhe erreichen wir hier auch schon den höchsten Punkt (aber keine Sorge, es wird schon noch schwer).
Zur ersten Tempoverschärfung durch meinen Kollegen kommt es dann im Bereich Langegg bei Graz. Die Straße ist klein, der Asphalt rollt hervorragend, die Landschaft ist schön. Ich konzentriere mich auf meinen Puls, der an den 170 kratzt.
Im Raabtal wählen wir den Radweg, der eine sehr gute Option zu den stark befahrenen Straßen darstellt, schwelgen ein bisschen in längst vergangenen Zeiten und bereiten uns schon auf den bald folgenden, hügeligen Abschnitt der Runde vor. Schnell ein Riegel, zur Sicherheit ein Gel, ein kräftiger Schluck und bei Reith beginnt der erste von acht teils recht giftigen Anstiegen, welche auf den nächsten 50 Kilometern folgen. Die Steigungen haben allesamt nur rund 100 Höhenmeter und von der Papierform her ist man versucht, diese gleich “durchzuziehen”, die bis zu 24 % aufsteilenden Straßen machen dem aber recht bald einen Strich durch die Rechnung und bringen uns zurück auf den schmerzhaften Boden der Realität.
Landschaftlich hat das Riedelland vieles zu bieten und es würde sich theoretisch auszahlen, das Tempo etwas rauszunehmen und die einen oder anderen Ein- und Ausblicke in die Landschaft zu wagen. Auch ein Espresso-Stopp in Straden, einer kleinen, historisch angehauchten Marktgemeinde, die aufgrund ihrer erhöhten Lage eine wunderbare Aussicht bietet, wäre empfehlenswert. Wir gönnen uns diesen Luxus heute nicht und ziehen ab Straden nun konsequent in Richtung Westen weiter.
Das ständige Auf und Ab der letzten 50 Kilometer macht sich langsam bemerkbar. Der Saft geht aus – und das nicht nur in der Trinkflasche ... Aber was soll´s. In Anbetracht der zu erwartenden Qualen beim angepeilten 24-Stunden-Rennen darf hier nicht gejammert werden. Zähne zusammenbeißen, einen Gang härter schalten und mit rund 40 km/h geht es im nun flachen Teil der Runde über Ragnitz, Wildon und einen kleinen Hügel, den Murberg – inklusive wunderbaren Blicks über das Grazer Becken – zurück zum Ausgangspunkt.
Wem das nicht reicht, dem sei ein Abstecher in die Region Stiefingtal empfohlen. Die unzähligen kleinen Straßen bieten dem Rennradler ein perfektes Terrain. Uns jedenfalls reicht´s.
Graz, Sankt-Peter-Friedhof
Graz - Laßnitzhöhe - Sankt Margarethen an der Raab - Paldau - Straden - Sankt Peter am Ottersbach - Sankt Nikolai ob Draßling - Ragnitz - Wildon - Fernitz - Hausmannstätten - Graz