Nicht umsonst nennt man die Südsteiermark die steirische Toskana und genauso würde man sich beim Radeln durch die Weinberge auch fühlen, wenn da nicht ein gravierender Unterschied wäre. Und dieser Unterschied ist beträchtlich, bereitet dem einen Freude und weckt seinen Ehrgeiz, dem anderen lockt er allerdings neben unzähligen Schweißtropfen so manchen Fluch heraus. Die Straßen sind nämlich unglaublich steil angelegt. Die Länge der Anstiege hält sich zwar in Grenzen und die Anstiege sind selten länger als einige wenige Kilometer, Durchschnittssteigungen von deutlich über zehn Prozent und Spitzensteigungen von zwanzig Prozent und mehr gehören aber zur Tagesordnung.
Startpunkt dieser wunderschönen Runde ist Gamlitz. Parkplätze gibts zum Beispiel beim Fussballplatz nur wenige Meter vom Ortszentrum entfernt. Und während es schon am Vormittag am Hauptplatz recht lebhaft zugeht und die ersten Achterl bestellt werden, müssen wir uns noch etwas gedulden und uns den Wein erst verdienen.
Wein ist auch schon das richtige Stichwort, denn es dauert nicht lange und wir befinden uns in den südlich von Gamlitz gelegenen Weinbergen.
Dazu verlassen wir Gamlitz auf der Ratscher Straße und über Ottenberg und Berghausen kommen wir auf die Grenzland-Weinstraße, die, wie der Name schon vermuten lässt, am österreichisch-slowenischen Grenzkamm entlang führt. Wunderschöne Blicke auf die mit Weinbergen überzogenen Hügel eröffnen sich uns. Allerdings wird einem ein Grundprinzip der Südsteiermark rasch bewusst, nämlich dass Landschaft und Straßen umso schöner und idyllischer sind, je steiler sie sind. Rampen mit 15% und mehr sind keine Ausnahme und Tempobolzer werden hier sicher nicht glücklich.
Kurz vor Sulztal verlassen wir die „Hauptstraße“ und zweigen links ab. Es geht steil in einen schönen Kessel hinunter und wer erleichtert ist, dass er dieses steile Stück nicht hinauf muss, der soll sich nicht zu früh freuen, der Gegenanstieg auf der anderen Talseite zurück zur Grenzland-Weinstraße ist sogar noch steiler. Halblustige Aufmunterungen der zahlreichen herumspazierenden Senioren verleihen dem Ganzen noch eine zusätzliche Würze.
Kaum zurück auf der Grenzland-Weinstraße zweigen wir wieder links ab auf die Glanzer Kellerstraße, der wir hinunter nach Langegg folgen. Beim Hinunterfahren sieht man, wenn man halbrechts voraus schaut, auf der anderen Talseite am Kamm eine Kirche, unsere heutige Bergwertung.
Und eine Bergwertung ist es tatsächlich. Nach der Abzweigung von der Langegger Straße auf die Pößnitzbergstraße geht es immerhin zehn Kilometer und gute 500 Höhenmeter bergauf. Zunächst noch durch Weinberge später dann zunehmend im Wald kämpfen wir uns hinauf zur Kirche zum Heiligen Geist am Gipfel des Osterberges, die knapp auf slowenischem Boden liegt. Da wir bei der Kirche allerdings wieder umdrehen, ist der Abstecher nach Slowenien nur wenige hundert Meter lang und wir fahren einen Teil des Anstieges auf gleichem Weg wieder hinunter.
Beim nicht zu übersehenden Weingut Moser, dem höchstgelegenen Weingut Österreichs, zweigt man links ab und rollt auf direktem Weg hinunter Richtung Leutschach. Noch vor Leutschach biegen wir aber links ab und natürlich in angemessener Steigung geht es hinauf zur österreichisch-slowenischen Grenze und zur Remschnigg-Alm, der südlichsten Alm der Steiermark.
Dass sich diese nette unscheinbare Straße unmittelbar an der slowenisch-österreichischen Grenze entlang schlängelt, ist einem gar nicht bewusst und dass man vom ehemaligen eisernen Vorhangs so überhaupt nichts mehr merkt, ist schon eine große Errungenschaft, die man gar nicht hoch genug schätzen kann.
Viel Zeit zum Philosophieren bleibt hier heroben aber nicht, denn die steile und kurvige Abfahrt hinunter nach Ahrnfels erfordert unsere ganze Konzentration. In Ahrnfels biegt man unmittelbar nach der Kirche links ab und über einen Umweg kommen wir nach Krast und St. Johann im Saggautal.
Einmal müssen wir noch die Zähne zusammen beissen, denn unmittelbar in St. Johann startet der letzte Anstieg des Tages. Durch die Weinberge von Eichberg-Trautenburg geht es hinauf auf den Kreuzberg, auf dem, wie auf zahlreichen anderen Hügeln/Bergen der Umgebung auch, eine Aussichtswarte steht. Auf die Besteigung der Aussichtswarte mit unseren Rennradschuhen verzichten wir, was aber gar nicht so schlimm ist, denn auch von zahlreichen Punkten auf der am Kamm verlaufenden Straße hat man immer wieder schöne Blicke. Von der Koralm über die Gleinalm, über Graz mit dem dahinterliegenden Schöckel bis hin zu den Gleichenberger Hügeln reicht der Blick und bei guter Fernsicht kann man am Horizont sogar die Riegersburg erahnen.
Bei Kranach kommen wir schließlich wieder auf die Bundesstraße und in wenigen Kilometern zurück zum Ausgangspunkt.
Gamlitz, Retzneier Strasse, Parkplatz beim Fussballplatz
Gamlitz - Grenzland Weinstrasse - Langegg - Kirche zum Heiligen Geist am Osterberg, Slowenien - Hochenegg bei Leutschach - Remschnigg Alm - Arnfels - St. Johann im Saggautal - Eichberg-Trautenburg - Kreuzbergwarte - Gamlitz