Wer hat nicht schon neidvoll und bewundernd, Könnern des Telemark-Schwungs bei ihrem eleganten Zu-Tale-Gleiten zugesehen? Und wer von uns hat nicht schon anerkennend zugestimmt, wenn bei der 4-Schanzen-Tournee die Wertungsrichter aufgrund des perfekten Telemark-Aufsprungs die Traumnote 20 vergeben? Ja: Telemark bringt man in erster Linie mit Wintersport in Verbindung. Dass diese phantastische norwegische Provinz aber auch im Sommer jederzeit einen Besuch wert ist, davon konnten wir uns selbst überzeugen. Und wie ginge das besser, als mit unseren geliebten zwei Rädern den Gaustatoppen, den höchsten Berg der Provinz Telemarken, zu erklimmen.
Das erste Highlight der Runde wartet nur fünf Kilometer nach dem Start in der Kleinstadt Notodden. Zwar nicht in sportlicher Hinsicht, sondern vielmehr in kultureller. Kommt man doch an der Stabkirche von Heddal vorbei und die ist nichts weniger als die berühmteste, größte und schönste Stabkirche Norwegens, gegen die alle anderen Stabkirchen wie Kapellen wirken. Grund genug also, einen kurzen Zwischenstopp einzulegen, wenngleich wir den Besuch des Kircheninneren auf den Nachmittag nach absolvierter Runde verlegen. Die Nähe zum Ausgangspunkt macht es möglich.
Einige ruhige Kilometer im beschaulichen Tal der Heddola sind uns noch vergönnt, bevor es dann ab Sauland unweigerlich nach oben geht. Die Steilheit hält sich in Grenzen, immer wieder laden auch Flachstücke oder kurze Abfahrten zum Verschnaufen ein, und doch hat er es ganz schön in sich, der Anstieg auf den Gaustatoppen. Gut 30 Kilometer mit über 1200 Höhenmetern Anstieg zum einen und der oftmals starke Wind zum anderen, machen die Auffahrt aber zu einem unvergesslichen Erlebnis. Zwar bleibt man doch deutlich unter dem Gipfel, den man in etwa zwei Stunden von der Straße aus erwandern könnte, doch gibt auch die grandiose, durch die karge nordische Berglandschaft ziehende Straße einen Vorgeschmack, welch phantastischer Aussichtsberg der Gaustatoppen ist. Aufgrund seiner isolierten Lage, kann man bei guter Fernsicht ein Sechstel Norwegens überblicken.
Nach diesem Anstieg, den sich kein Rennrad-Enthusiast entgehen lassen sollte, geht es die landschaftlich weniger reizvolle Nordseite des Berges hinunter. Dafür versprechen die lang gezogenen Kehren hinunter in das tief eingeschnittene Vestford-Tal, dass der Abfahrts-Spaß nicht zu kurz kommt.
Wie eng dieses Tal ist, zeigt sich am Beispiel Rjukan. Das im Talgrund gelegene Dorf sieht die Sonne nur während der Sommermonate. Um die sonnenlose Zeit, die jährlich im März mit dem Solfest zu Ende geht, zu überbrücken, hat man vor einigen Jahren am Gegenhang drei große Spiegel angebracht, die zumindest 600m² des Dorfplatzes im Winter mit Sonnenlicht versorgen.
Weitere zehn Kilometer talauswärts trifft man dann auf den schönen, fjordartigen See Tinnsjø, dessen westliches Ufer entlang es zurück Richtung Notodden geht. Die Straße, die sich das Seeufer entlang schlängelt, ist gut ausgebaut und weist doch einiges an Verkehr auf. Bei der rücksichtsvollen Fahrweise eines Großteils der norwegischen Autofahrer, sogar die LKW-Fahrer sind da nur selten eine Ausnahme, stellt dies aber kein großes Problem dar.
Kurz nach dem Ende des Sees kann man dann links auf eine wieder deutlich kleinere Straße ausweichen. Angenehm ruhig folgt man dem Lauf des Tinnelva, dessen zahlreiche Wasserfälle fast durchwegs zur Stromproduktion genutzt werden, zurück zum Ausgangspunkt.
Notodden, Parkplatz hinter der Tankstelle beim zentralen Kreisverkehr (Sam Eydes Gate, Heddalsvegen)
Notodden - Heddal - Sauland - Gaustatoppen - Rjukan - Miland - Gransherad - Notodden
mehrere Tunnels entlang des Tinnsjö-Sees, Radlichter nicht vergessen